Schlag gegen die Zahnerhaltung

München, 22.12.2015 ∙ Im Universitätsklinikum Münster wurde schon im August – quasi als Trendsetter – die Zahnerhaltung mit der Parodontologie auf nur noch einen gemeinsamen Lehrstuhl eingedampft. Diesem Beispiel folgend wandelt jetzt die Universitätsklinik Greifswald den C4‐Lehrstuhl von Professor Dr. Georg Meyer nach seiner Emeritierung in eine befristete W2‐Stelle mit Besetzung durch einen Oberarzt um. Bei allem verständlichen Interesse für Sparmaßnahmen, aber faktisch bedeutet dieser Schritt eine Abwertung der Zahnerhaltung innerhalb des zahnmedizinischen Fächerkanons. Dabei hat sich gerade in den letzten Jahren ein Paradigmenwandel zugunsten von Vorsorge und Zahnerhaltung vollzogen. Durch prophylaktische und restaurative Behandlungen sind Allgemeinzahnärzte heute in der Lage, die Zähne – auch unter häufig erschwerten Umständen – ein ganzes Leben lang zu erhalten. Der Fokus der Ausbildung an den Universitäten muss zunehmend vor allem auf der Zahnerhaltung liegen. Schon mehrfach hat der Berufsverband der Allgemeinzahnärzte Deutschlands (BVAZ) die ganz offensichtlich an pekuniären Interessen ausgerichtete zahnmedizinische Lehre angeprangert. Es passt nicht in unsere moderne Gesellschaft, wenn junge Studenten die Zukunft der Zahnmedizin schwerpunktmäßig in der Implantologie sehen sollen. Das Ziel kann nur eine effektive und flächendeckende Prävention und Zahnerhaltung sein. Gerade auf diesem Gebiet hat sich Professor Meyer außerordentliche Meriten erworben. Er hat sich jahrzehntelang für die stärkere Gewichtung der Medizin in der Zahnheilkunde engagiert und den international anerkannten Hochschulstandort Greifswald zu dem gemacht, was er heute ist. Eine faktische Abschaffung eines Lehrstuhls für konservierende Zahnheilkunde in Greifswald ist gegenüber der Lehre der Zahnheilkunde kontraproduktiv und absolut der falsche Weg. Eine Universität ohne Lehrstuhl für Zahnerhaltung ist nach geltender Approbationsordnung nicht in der Lage, die zahnmedizinische Ausbildung sicherzustellen. „Es ist eine Frechheit“, so Dr. Dr. Rüdiger Osswald, Geschäftsführer des BVAZ, „dass die Politik auf der einen Seite höhere Qualität in Forschung und Lehre fordert, aber nicht bereit ist, die dafür notwendigen Mittel bereitzustellen.“ Osswald hinterfragt ergänzend, ob außer der politischen Motivation unter Umständen auch pekuniäre Interessen anderer Hochschullehrer an den möglichen zu generierenden Honoraren eine zusätzliche Rolle bei der Lehrstuhlabschaffung spielen können. Keinesfalls werden es die Allgemeinzahnärzte Deutschlands widerstandslos hinnehmen, dass endlose Diskussionen über eine längst überfällige moderne Approbationsordnung geführt werden und auf kaltem Weg gleichzeitig das Zahnmedizinstudium entkernt wird. Dr. Andreas Bien, Präsident des BVAZ, kann diesen Vorgang nur als „vorweihnachtlichen Witz“ auffassen, „durch den ohne Sinn und Verstand auf dem Rücken der zahnärztlichen Ausbildung Geld gespart“ werden soll. Die Abwertung eines Lehrstuhls für Zahnheilkunde in Greifswald kann natürlich auch politisch erklärtes Ziel sein, um die Zahnmedizin aus Kostengründen den Fachschulen zuzuordnen. Ein international verheerendes Zeichen für den Wissenschaftsstandort Deutschland. Der BVAZ fordert alle Verantwortlichen auf, sich für den vollwertigen Erhalt des Zahnmedizinstudiums in Greifswald einzusetzen.